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Apr 23, 2021

Alternative Lüftungssysteme: Niederländer setzen verstärkt auf TcAF

Während in Deutschland fast ausschließlich TVS- und TAV-Systeme Einsatz finden, werden in den Niederlanden immer häufiger Lüftungssysteme mit temperaturkontrolliertem Airflow (TcAF) in Operationssälen installiert. Dr. Nicole Raiss, Sachverständige für Lüftungsanlagen und Referentin an der Deutschen Normen Akademie in Sigmaringen erklärt in einer aktuellen Ausgabe der CCI-Dialog, warum das so ist.

TcAF-Systeme auf dem Vormarsch

Die Vorteile von TAV und TVS werden seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Systeme mit temperaturkontrolliertem Airflow (TcAF) finden insbesondere in Deutschland jedoch noch wenig Beachtung. Dies vor allem, da ein entsprechendes System nach der gegenwärtigen DIN EN 1946-4 nur schwer zu qualifizieren ist. Ein Blick in die Niederlande zeigt hingegen, dass es nur eine Frage der Zeit sein könnte, bis auch andere europäische Länder dieses System vermehrt installieren.

Dort befinden sich TcAF-Systeme nämlich bereits seit längerem auf dem Vormarsch und weisen besonders bei schweren und langen Operationen entsprechende Vorteile auf. Raiss führt hier das Erzeugen eines reinen Bereiches über dem Operationsfeld und weit darüber hinaus auf, sowie eine optimale Durchmischung der Raumluft, ohne ungünstige Verwirbelungen in der Nähe des OP-Tisches. Dies sei gemäß Raiss besonders wichtig, da jede im OP anwesende Person im Schnitt ca. 10.000 Partikel verliere, wovon ungefähr 10% mit Bakterien besetzt seien, die wiederum zu postoperativen Wundinfektionen führen könnten.

Während der Maßstab zur Partikelreinheit in niederländischen Operationssälen, basierend auf der auch in Deutschland gültigen, DIN EN ISO 14644-1/3, eine ISO-Klasse 5 mit höchstens 3520 Partikel/m³ ≥ 0,5 µm im Schutzbereich anstrebt, wird außerhalb des TAV-Schutzbereichs oft nur ISO-Klasse 7 erreicht. Befindet sich zum Beispiel der Instrumententisch hier nicht innerhalb des – in der Praxis oft zu kleinen – Schutzbereichs, kann dies problematisch werden. Raiss nimmt hier Bezug auf Remko Noor, Berater für OP-Lüftungstechnik von der Maximuse B.V. aus Almelo (Niederlanden). Als Spezialist für zukunftsorientierte OP-Lösungen war Noor bei fast allen Installationen des Opragon-Systems in den Niederlanden involviert. Die Opragon-Systeme überzeugen hier nicht nur durch Reinheit im Schutzbereich, sondern sorgen auch für einen 28% niedrigeren Energieverbrauch im Vergleich zur TAV. Zudem würde das System laut Noor als leiser und zugerscheinungsfreier wahrgenommen. Anders als in den Niederlanden gibt es in Deutschland derzeit nur ein installiertes Opragon8-System. Die Zukunft wird hier zeigen, ob die deutschen Kommissionen und Normenausschüsse hier langfristig ebenfalls Raum für effizientere Alternativen im OP-Lüftungsbereich schaffen werden.