Positionierungsanalyse nach DIN 1946-4:09-2018
Die Raumlufttechnische Ausstattung in deutschen Operationsräumen wird seit vielen Jahrzehnten durch die Vorgaben der DIN 1946-4 geregelt. In dieser Norm werden u. a. grundsätzliche Vorgaben für die technische Ausstattung und die erforderlichen Betriebs- und Leistungsparameter definiert und beschrieben.
Seit Erscheinen der Veröffentlichung der DIN 1946-4 in 2008 wird in Deutschland zwischen den Raumklassen Ia, Ib und Raumlasse II unterschieden.
Mit der in 09.2018 erschienen Version der DIN 1946-4 tritt nun erstmals eine wesentliche Änderung in Kraft, die den Planungsprozess bei Um- und Neubauten von Operationsräumen nachhaltig beeinflussen wird.
Im Zuge der Grundlagenermittlung zur Planung eines neuen OP ist eine Positionierungsanalyse (Worst-case-Szenarium mit größtem erforderlichen Platzbedarf) zur Ermittlung des erforderlichen Schutzbereichs zwingend vorgegeben.
Zunächst einmal muss zu Beginn einer Positionierungsanalyse die, für den zu planenden OP zutreffende tatsächliche Worst-Case Konfiguration ermittelt werden. Hierzu ist eine enge Kommunikation zwischen OP-Pflege, OP-Koordinator (falls vorhanden), Krankenhaushygieniker und Hygiene-Ingenieur unabdingbar. Nach Ermittlung der Worst-Case Konfiguration werden alle betreffenden Komponenten in ihrer prozess-typischen Position platziert. Nun empfiehlt es sich, die sich daraus ergebenden Grenzen des festgestellten Schutzbereichs auf dem Boden temporär zu markieren und diesen anschließend zu vermessen. Bei der Ermittlung der Maße des Schutzbereichs empfiehlt es sich, einen Abschlag von ca. 5-10% ab zu ziehen. Dies ist erforderlich, um die physikalische Einschnürung des Schutzbereichs unter einem TAV-Deckenfeld zu berücksichtigen.
Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass die gewählte Konfiguration sich während des Operationsprozesses durchaus auch verändern kann (Seitenwechsel des Operateurs, Einbringen und Ausfahren medizintechnischer Komponenten, ggf. Wechsel von Implantat-/Instrumentensystemen etc.).
Abbildung: Beispiel für eine Positionierungsanalyse zur Versorgung einer Unterschenkelfraktur (realer Aufbau in einer renommierten deutschen Klinik der Maximalversorgung)
Legt man zugrunde, dass eine TAV-Decke von ca. 3,20m x 3,20 m (Beispiel aus der DIN 1946-4) einen Gesamtvolumenstrom (Aussenluft + Sekundärluft) von ca. 9.400 m³/h benötigt, so ist für das o. g. Beispiel ein Gesamt-Volumenstrom von ca. 15.000 m³/h erforderlich.
Auswirkungen auf die Raumgröße
Der in diesem Falle zu Verfügung stehende Operationsraum hat eine Größe von ca. 38 m². Die Abstände zwischen den Grenzen der TAV-Decke und den Raumbegrenzungen sind hier mit etwa 1 m deutlich zu gering. Wenn nun tatsächlich ein erforderliches TAV-.Deckefeld nach Norm installiert werden müsste, so muss bei der Planung auch die hierfür erforderlich Raumgröße, nicht unter 48 – 50 m², geplant werden.
Auswirkungen auf die Raumlufttechnische Versorgung/Ausstattung
Im Gegensatz zu Operationsräumen, die mit einem TAV-System nach der in der Norm erwähnten Beispielgröße von 3,20m x 3,20m und einem erforderlichen Volumenstrom von ca. 9.400 m³/h errichtet werden, müssten künftig zur Belüftung von RK Ia OP deutlich höhere Volumenströme bereitgestellt werden. Dies wird viele Bauherren und Planer sicherlich vor nicht unerhebliche Probleme (Kanaldurchmesser, größere Lüftungsazentralen, größere Ventilatoren, Schallimmissionen [?] etc.) stellen.
Auswirkungen auf die Kosten
Weiterhin muss hier natürlich auch der Aspekt der energetischen Versorgung dieser Anlagen betrachtet werden. Bei einer Steigerung der erforderlichen Luftvolumina, geht diese natürlich auch mit höheren Energiekosten einher. Beim o. g. vorliegenden Beispiel ergibt sich hier etwa eine Steigerung der Volumenströme um ca 60% !
Dass größere TAV-Decken einen höheren Investitionsbedarf nach sich ziehen ist der eine Punkt. Die laufenden Betriebs- Wartungs- und Bereitstellungkosten für die energetische Versorgung solcher Anlagen müssen jedoch angesichts einer oekologisch-oekonomischen Gesamtbetrachtung äusserst kritisch bewertet werden.
Auswirkungen auf die Infektionsprävention
Nach wie vor gibt es z. Zt. keine validen Studien, die unterschiedliche Raten postoperativer Wundinfektionen für unterschiedliche Lüftungssysteme nachweisen. Dies liegt aber vor allem daran, dass die einschlägigen aktuellen Studien zahlreiche Limitationen aufweisen. Insbesondere fehlen in der Regel wichtige Angaben zu den installierten Lüftungssystemen und Ihrer Funktion. Weiterhin ist typischerweise bei TAV Systemen unklar, in welchem Ausmaß sich eigentlich sterile Flächen nicht im Schutzbereich befanden. Die hier durchgeführten Positionierungsanalysen zeigen nochmal deutlich, dass dies ein erhebliches Problem darstellt. Denn die Luft als Erregerreservoir ist unbestritten. Daher ist aus krankenhaushygienischer Sicht eine Korrelation zwischen hohen Luftkeimkonzentrationen (z. B. in TAV-Randbereichen) und einem daraus resultierenden Infektionsgeschehen anzunehmen.
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